Nadine Franke, Geschäftsführerin von Stahl‑Express Franke, über den Actros und wie auch kleinere Player im Markt bestehen können.
Wachsen in der Nische – über Chancen kleinerer Speditionen.
Frau Franke, Ihr Unternehmen heisst Stahl‑Express Franke. Transportieren Sie nur Stahl?
Keinesfalls. In der Gründungszeit haben wir tatsächlich ausschliesslich Stahl transportiert. Dieses Segment ist heute aber lediglich eines von mehreren. Unsere Kundenstruktur ist längst breit gefächert.
Sind für kleinere deutsche Spediteure nur noch Nischen übrig?
Leider ja! Schon jetzt dominieren die grossen Player. Alles, was einen eigenen Fuhrpark hat, wird aufgekauft. Zusätzlich spriessen digitale Speditionen aus dem Boden. Das kann für einige Kunden durchaus interessant sein: Wenn ein voller Lkw mit Paletten nur von A nach B fahren muss, benötigt man dafür weder ein besonderes Fahrzeug noch einen Deutsch sprechenden, gut ausgebildeten Fahrer. Da wird das Handy an der Entladestelle vorgezeigt, und das war’s. Aber bestimmte Transporte können nur von Spezialisten bedient werden. Dazu gehören wir. 24‑Tonnen‑Coils können nicht über drei Logistikzentren umgeschlagen und dann von einem fremden Spediteur zugestellt werden. Dafür benötigt man spezielles Equipment und gute Planung. Das gilt auch für den Transport von Gefahrgütern, der für uns heute ein weiteres wichtiges Standbein ist.
«Als Gefahrgutfahrer haben sie eine besondere Verantwortung. Ein Fahrer muss verstehen, was er fährt.»
Wie «ticken» die Gefahrgut-Kunden?
Hier zählen Know‑how und guter Service. Das ist ein sehr sensibler Bereich, der auf zuverlässige und kompetente Partner angewiesen ist. Unsere kaufmännischen Mitarbeiter zum Beispiel kümmern sich von A bis Z um den Kunden. Da wird jemand, der eine Dokumentation anfordert, nicht dreimal weiterverbunden – das wird sofort erledigt, ob es nun zum Aufgabengebiet gehört oder nicht. Oder nehmen Sie unsere Fahrer: Als Gefahrgutfahrer haben sie eine besondere Verantwortung. Ein Fahrer muss verstehen, was er fährt. Er ruft auch schon mal selbst beim Kunden an, um Abladezeiten zu organisieren. Unser Fahrer ist derjenige, der die Ware des Kunden zu dessen Kunden bringt. Da ist ein höflicher und gepflegter Eindruck wichtig. Wichtig ist auch unser eigener Fuhrpark. Nur in diesem Gesamtpaket aus gutem Personal, perfektem Equipment und richtiger Einstellung kann man die Zuverlässigkeit bieten, auf die der Kunde Wert legt. Eine Schadenquote von unter 0,1 Prozent, die wir regelmässig erreichen, spricht für sich.
Warum haben Sie sich für den Actros entschieden?
Zuverlässigkeit ist das Wichtigste bei einem Lkw, und damit sind wir beim Actros sehr zufrieden. Und zwar sowohl in Bezug auf das Fahrzeug selbst als auch auf den dazugehörigen Service. Eine Kaufentscheidung wird bei uns nicht allein aufgrund des Anschaffungspreises gefällt. Ein Preisvorteil von alternativen Herstellern ist ganz schnell relativiert, wenn der Lkw unterwegs zu oft liegen bleibt und sich keine Werkstatt finden lässt, die innerhalb kürzester Zeit hilft. Im schlimmsten Fall droht sogar der Kundenverlust wegen wiederholter Unzuverlässigkeit. Zu einer guten Lkw‑Marke gehört also viel mehr als nur ein guter Produktpreis. Und genau deswegen fühlen wir uns bei Daimler wohl. Das hervorragende Produkt wird durch guten Service abgerundet.
«Zuverlässigkeit ist das Wichtigste bei einem Lkw, und damit sind wir beim Actros sehr zufrieden.»
Was halten Sie von den Innovationen des Actros?
Der Actros geht mit grossen Schritten in die Zukunft. Besonders auf das teilautonome Fahren sowie die MirrorCam waren wir sehr gespannt. Hier wurden unsere Erwartungen übertroffen. Die Systeme steigern den Fahrkomfort und die Sicherheit. Unsere technikaffinen Fahrer waren auch vom Multimedia Cockpit schnell begeistert. Der Umgang mit einem Smartphone ist für sie heute selbstverständlich. Die Entscheidung für den Actros ist für uns auch eine, um Fahrer zu binden.
Wie begegnen Sie dem Fahrermangel?
Ein gutes Betriebsklima ist sehr wichtig. Wir sind ein Familienunternehmen. Bei uns ist niemand eine Nummer. Wir haben immer ein offenes Ohr bei persönlichen Problemen und helfen, wenn wir können. Ausserdem suchen wir unsere Fahrer deutschlandweit aus und sind nicht auf den Wohnort Düsseldorf begrenzt. Unsere Disposition organisiert die Transporte so, dass jeder Fahrer das Wochenende an seinem Wohnort verbringen kann. Auf Wunsch können unsere Fahrer ihren Lkw mit nach Hause nehmen, wenn es dort eine gesicherte Parkmöglichkeit gibt. Schliesslich werden wir zeitnah in die Fahrerausbildung einsteigen, um unseren Nachwuchs selbst heranzuziehen.
«Die Systeme steigern den Fahrkomfort und die Sicherheit.»
Bei Frauen mehr Werbung für den Fahrerberuf zu machen wäre vielleicht auch eine Massnahme!
Absolut! Viele Frauen wissen gar nicht, dass sich der Beruf gut in Teilzeit ausüben lässt oder dass es im Nahverkehr Jobs gibt, bei denen man immer abends zu Hause ist.
Wie beurteilen Sie die Männerlastigkeit der Speditionsbranche?
Im kaufmännischen Bereich arbeiten durchaus viele Frauen, aber im gewerblichen Bereich dominieren Männer. Das finde ich schade und war auch bei uns im Unternehmen so. Mein Vater hatte mich ja als potenzielle Nachfolgerin zunächst überhaupt nicht eingeplant. Hatte ich doch eine ganz andere Ausbildung. Als ich dann vor 20 Jahren für einige Wochen in unserem Unternehmen aushalf, wollte ich nicht mehr weg.
Wie begegnet man Ihnen heute in der Branche?
Neue Geschäftspartner wundern sich schon. Es scheint noch eine grosse Ausnahme zu sein, mit einer Frau in einer Führungsposition zu verhandeln. Letztens hat ein Kunde zu mir gesagt: «Respekt, eine Frau hätte ich hier gar nicht erwartet!» Früher war ich bei so etwas beleidigt. Heute nutze ich es als Überraschungsmoment und überzeuge dann mit Kompetenz.
Mit welchen Klischees haben Sie es zu tun?
Mir hat mal jemand gesagt, ich könne doch die Firma verkaufen und mir mit Shopping ein schönes Leben machen. Damals war ich fassungslos. Heute lache ich darüber. Auf so eine Idee muss man erst mal kommen! Das würde man zu einem Mann nie sagen. Was die zutreffenden männlichen Klischees betrifft: Tatsächlich ist der Ton in einer Spedition oft typisch männlich und etwas rauer. Genau das macht ja den Charme aus. Ich kann damit sehr gut umgehen. Ich mag es, wenn der Umgang miteinander ehrlich und unkompliziert ist. Aber auch hier ist weiblicher Einfluss oft von Vorteil. Der Umgangston bei den Männern ist gleich viel freundlicher, wenn eine Frau anwesend ist. Aber unterm Strich zählt für mich nicht, ob weiblich oder männlich. Jeder Mensch ist anders und hat seine Qualitäten – unabhängig vom Geschlecht.
In der Öffentlichkeit wird immer wieder eine verbindliche Frauenquote diskutiert. Wie sehen Sie das Thema?
Ich fände es furchtbar, wenn ich Mitarbeiter einstellen müsste, nur weil sie einem bestimmten Geschlecht angehören. Die Politik muss sich viel stärker um flexible Kinder- und Randzeitenbetreuung kümmern. Ganztagsschulen mit tollen Angeboten müssen her, und die Familienväter sollen sich noch stärker ins Familienleben einbringen. Dann können sich auch Frauen um ihre Karriere kümmern. Denn mal ehrlich: Selbst heute müssen sich doch die meisten Frauen zwischen Kindern und Job entscheiden, weil die Vereinbarkeit einfach nicht gegeben ist.
Die Person und ihr Unternehmen.
Nadine Franke ist geschäftsführende Gesellschafterin der Spedition Stahl‑Express Franke. Die gelernte Reiseverkehrskauffrau führt das Düsseldorfer Unternehmen gemeinsam mit Michael Robertz, der den operativen Bereich managt, während sie sich um Kunden, Personal und Lieferanten kümmert. Annähernd 50 Mitarbeiter sorgen dafür, dass die 30 eigenen Lkw und 35 Coilauflieger immer genug zu tun haben. Schwerpunkte sind unter anderem Gefahrgut- und Stahltransporte. Ihr Unternehmen arbeitet heute grösstenteils papierlos und steckt «mittendrin in verschiedenen Digitalisierungsprozessen», so Franke. Neben ihrer Arbeit engagiert sie sich im Frauen-Führungskreis des Verbandes Spedition und Logistik NRW.
Vielen Dank für das Gespräch!
Fotos: Ralf Kreuels