Wo enge Baustellen und hoher Effizienzanspruch aufeinandertreffen, finden Saugbagger ihr ideales Einsatzgebiet. Die Heinrich Kern Straßen‑ und Tiefbau GmbH hat den Praxistest gemacht – und jetzt eine eigene Kombination im Fuhrpark.
Test bestanden.
Brüllend erwacht die Turbine im Inneren der gewaltigen Maschine zum Leben. Aufgebaut auf einem Arocs 3251 8x4/4 NLA BigSpace nimmt der Rivard-Saugbagger seine Arbeit auf. „Weit über 30.000 Kubikmeter Luft zieht die Turbine pro Stunde durch. Das ist das Volumen von zehn olympischen Schwimmbecken. Der entstehende Sog schlürft praktisch jedes Material auf – Sand, Schlamm, Wasser, Kies, Erde und Steine bis über 100 Kilogramm“, erläutert Dennis Depau. „Der würde ganze Kantsteine verschlucken. Und wenn es nötig ist, auch über eine Strecke von mehr als 100 Metern.“
Weckt Neugierde.
Dennis Depau ist Fahrer bei der Heinrich Kern Straßen‑ und Tiefbau GmbH in Dieburg. Wobei: Fahrer ist quasi sein Nebenberuf, denn die meiste Zeit bedient er den EXVAC SE.10 – Topmodell des französischen Herstellers Rivard. Sein heutiger Auftrag: Bei einem Neubau müssen die Rohrleitungen und Anschlüsse freigelegt werden. Wo andernorts Minibagger, Muskelkraft und mehrere Schaufeln über Stunden beschäftigt sind, rollt der Arocs den Saugbagger heran, um minimalinvasiv und in kürzester Zeit ein sauberes Loch freizulegen.
30000
Kubikmeter Luft bewegt die Turbine pro Stunde – das Volumen von zehn Olympia‑Schwimmbecken.
Schnell finden sich Schaulustige bei diesem ungewöhnlichen Einsatz. Ganz handfestes Interesse führt dagegen Firmenchef Heiner Kern hierher. Der 55‑Jährige führt in vierter Generation die Heinrich Kern Straßen‑ und Tiefbau GmbH in Dieburg. Dort steht der Arocs mit dem außergewöhnlichen Aufbau erst seit Kurzem auf dem Betriebshof – eine Investition in die Zukunft. Kein Wunder, dass Kern sich gelegentlich selbst vom Leistungsvermögen überzeugt.
Unterdessen arbeitet sich der Saugbagger durch das Erdreich. Der grüne Saugarm – während der Fahrt platzsparend am Heck des Fahrzeugs zusammengeklappt – ist mit einem starren Saugrohr verlängert. Der gezackte Kranz am Ende kann sich drehen: So wird das Erdreich aufgelockert, um dann im Nu im Inneren der Maschine zu verschwinden. Die nötige Power liefert der 375 kW starke OM 471 des Arocs über den Nebenabtrieb.
„Pro Woche gewinnen wir mit diesem Gerät mindestens anderthalb Arbeitstage.“
Attraktiver Arbeitsplatz.
Binnen einer halben Stunde sind neben dem Rohbau alle Leitungen frei zugänglich. „Pro Woche gewinnen wir mit diesem Gerät mindestens anderthalb Arbeitstage“, kalkuliert Kern. Hinzu kommt die Arbeitsentlastung für seine Leute. Kern ist in der Innung tätig, kennt die Nachwuchsprobleme im Tiefbau nur zu gut. „Wer gute Leute sucht, muss den Job attraktiver machen“, meint er.
Bei Dennis Depau hat das funktioniert: Den erfahrenen Mann konnte Kern aufgrund des Arocs-Saugbaggers ans Unternehmen binden. „Wir sind hier alle Mercedes‑Fans“, sagt Depau. „Nicht jeder kann sein Pausenbrötchen in einem so luxuriösen Fahrerhaus genießen.“
Ferngesteuert.
Der Arocs hat aber weit mehr zu bieten. „Zum Beispiel können wir das Fahrzeug auf der Baustelle per Fernbedienung von außerhalb des Fahrerhauses steuern“, erläutert Kern. Dafür ist der Arocs zur Sicherheit mit Kameras und Sensoren ausgestattet und verfügt über mehrere, außen angebrachte Nothalt-Knöpfe. „Die vierte Achse lenkt mit. So sind auch enge Baustellen für dieses wendige Fahrzeug kein Problem.“
Die enorme Kraft des Saugbaggers lässt sich zielgerichtet einsetzen: „Wir legen damit Leitungen rundherum frei, ohne sie auch nur zu berühren“, so Kern. „Wo die Erde zu fest sitzt, hilft ein zweiter Mann mit der Druckluftlanze nach. Dieses minimalistische Baggern bringt auch ein Plus an Sicherheit: Wer selbst schon mal aus der Grube gehechtet ist, weil eine Baggerschaufel die Gas‑ oder Stromleitung erwischt hat, weiß warum.“ Zudem ist das Ganze eine saubere Sache. Sechs Hochleistungsfilter halten die Abluft staubfrei. Das Material bleibt in der 10,5 Kubikmeter fassenden Mulde im Inneren der Maschine. Sie lässt sich seitwärts abkippen – ebenfalls ferngesteuert.
„Der einzige Fehler war, den Saugbagger nicht schon früher geholt zu haben.“
Miete mit Kaufoption.
„Die Entwicklung bei den Saugbaggern habe ich schon länger mit Interesse verfolgt“, sagt Kern. „Aber so eine Maschine will ausgelastet sein. Vom Wert her ist das quasi ein Einfamilienhaus auf Rädern.“ Immerhin: Vor dem Erwerb konnte er den EXVAC von Rivard ausführlich testen – als Vorführmaschine der CyclonTec GmbH. „Mit unserem Angebot schließen wir eine Lücke“, berichten Iris Girmann und Sebastian Rösner, die seit drei Jahren im Gespann Miete und Vertrieb der Saugbagger gemeinsam verantworten. „Statt die Dienstleistung einzukaufen oder lange Lieferzeiten für ein eigenes Fahrzeug auszusitzen, können sich unsere Kunden über die Mietoption vor der Investition einen Eindruck unter realen Bedingungen verschaffen beziehungsweise die Wartezeit produktiv überbrücken.“
Kern hat es ausprobiert – und ist bis heute voll überzeugt vom Ergebnis. „Der einzige Fehler war, den Saugbagger nicht schon früher geholt zu haben.“
Fotos & Video: Michael Neuhaus