City‑Logistik der speziellen Art: Wie der Atego am Universitätsklinikum Schleswig‑Holstein die Dinge am Laufen hält.
Wendiger Campus‑Bote.
Vom Hubschrauberlandeplatz aus sieht man die Kirchtürme der Hansestadt Lübeck, zu Füßen des Gebäudes erstreckt sich eine andere, ähnlich vielfältige Stadtlandschaft: der Campus des Universitätsklinikums Schleswig‑Holstein (UKSH). Fußgänger und Liegeradfahrer, Taxis und Linienbusse: Auf den Straßen des gut 55 Hektar großen Areals bewegt sich so ziemlich alles an Verkehrsteilnehmern, was man in einer City erwartet. Und wer sich umschaut, begegnet unweigerlich auch Trucks und Transportern, die sowohl das UKSH‑Logo tragen als auch den Stern.
„Wir nutzen hier drei Atego für Materialtransporte“, sagt Gerhard Plate. Der 57‑Jährige leitet den Fuhrpark des UKSH in Lübeck, zu dem auch einige Mercedes‑Benz Sprinter gehören. Hinzu kommen fünf Atego und weitere Sprinter in Kiel. Die beiden etwa gleich großen Betriebe in Lübeck und Kiel bilden gemeinsam das UKSH, Deutschlands zweitgrößtes Uniklinikum nach der Berliner Charité. Fast 16.000 Beschäftigte hat das landeseigene Unternehmen, im vorigen Jahr wurden insgesamt exakt 440.824 Menschen behandelt, etwa drei Viertel davon stationär. Die Stationen und weitere Einrichtungen an beiden Standorten verteilen sich auf insgesamt 103 Gebäude.
Laufender Nachschub.
Für diesen Riesenbetrieb gilt es täglich Unmengen an Gütern bereitzustellen. Nur einige Beispiele: Damit die Ärztinnen und Ärzte laufend Nachschub an sterilen Instrumenten haben, werden diese nach jedem Gebrauch in der Aufbereitungseinheit für Medizinprodukte (AEMP) gepflegt, sterilisiert und für den nächsten Einsatz gepackt – rund 200.000 „Sterilguteinheiten“ kommen pro Jahr an beiden Standorten zusammen.
„Wir praktizieren Unit‑dose-Versorgung: einzeln verpackte Medikamente, für jeden Patienten spezifisch kommissioniert.“
In der Lübecker Klinik‑Apotheke werden ohne Unterlass Medikamente kommissioniert und abgepackt. Pflegekräfte sind auf Hygieneartikel angewiesen. Patientinnen und Patienten wollen mehrmals täglich essen – weswegen das Verpflegungsmanagement des UKSH täglich rund 9.000 Mahlzeiten produziert.
Um alle Materialien und Lebensmittel an ihre Bestimmungsorte zu bringen, sind logistische Höchstleitungen nötig. Unabdingbar dafür: die Atego, die unermüdlich einen langgezogenen Hof am Südende des Lübecker Campus ansteuern. Hier befinden sich das Zentrallager und die Warenausgabe der Apotheke. Außerdem die Station, an der Mahlzeiten in den Klinik‑eigenen Behältern bereitgestellt werden. Hier brummt es von den frühen Morgenstunden bis spät in den Nachmittag.
Spontane Einsätze.
„Viele unserer Lieferungen finden im Rahmen fester Touren statt“, erklärt Plate. Aber auch mehr oder weniger spontane Einsätze stehen auf der Tagesordnung. „Da kann es um Schweres und Sperriges wie OP‑Tische, Betten oder Ultraschallgeräte gehen, aber auch um Kleinstlieferungen.“ Etwa um ein Medikament, das auf einer Station dringend benötigt wird und für dessen Lieferung gerade kein kleineres Fahrzeug verfügbar ist. Mit einem der Atego gelangt zudem unaufhörlich Altpapier – insbesondere Verpackungsmaterial – zur klinikeigenen Wertstoff-Station.
31000
Materialtransporte finden pro Jahr auf oder zwischen den beiden Geländen des UKSH statt.
„Lkw sind nach wie vor unverzichtbar für unsere Logistik.“
Beim Gang mit dem Fuhrparkleiter über den Hof steht dort neben einem Lübecker Atego, dessen Nummernschild mit den Buchstaben „HL–KI“ beginnt, auch einer mit der umgekehrten Kombination „KI–HL“: „Der pendelt täglich zwischen den beiden Standorten mit Ware aus Kiel für Lübeck und Medikamenten aus Lübeck für Kiel“, erklärt Plate.
Genau für diese Medikamente verfügt der Lkw auch über einen Kühlaufbau. Der „Pendler“ aus Kiel ist ein Atego 924, in Lübeck kommt eine leichtere Variante zum Einsatz. Aus gutem Grund: „Unsere Lkw werden ausschließlich auf dem Campus bewegt, und hier geht es eng zu“, erklärt Gerhard Plate. „Deshalb brauchen wir ein Fahrzeug mit einem möglichst kleinen Wendekreis – und das bietet uns der Atego 818.“ Alle Lkw sind mit aus Sicherheitsgründen mit Rückfahrkamera ausgestattet.
Eigene Herausforderungen.
Überhaupt stellt die Logistik auf dem Klinikgelände ihre eigenen Herausforderungen. Die Tagesleistung der Lkw ist mit maximal 20 Kilometern niedrig, die Belastung aber dennoch hoch: Der Campusverkehr erzwingt ständiges Stop‑and‑go. „Die Atego sind dem bestens gewachsen“, so Plate. Um nicht bei jeder Be‑ oder Entladung die hintere Hubwand öffnen zu müssen und so Zeit zu verlieren, haben die Lkw‑Koffer zusätzlich eine Tür zur rechten Seite.
Alle Trucks sind geleast, werden nach drei bis vier Jahren durchs nächste Modell ersetzt und in der Zwischenzeit regelmäßig gewartet. „Auch das ist ein Grund, warum wir auf Mercedes setzen: Der Service ist top!“
Autonom im Tunnel.
Klar ist: Lkw und Transporter können die Materiallogistik des UKSH nicht im Alleingang stemmen. Denn bei aller Wendigkeit: Sie kommen nur bis zum Eingang der Gebäude. Deshalb übernimmt an beiden Standorten vieles das Fahrerlose Transportsystem (FTS), im Klinikjargon auch Automatisches Warentransportsystem AWT genannt. Damit gelangen Lieferungen bis auf die Stationen. In Lübeck sind dabei auf überwiegend unterirdischen Trassen mit rund fünf Kilometer Länge kompakte Fahrzeuge mit Containern unterwegs – völlig autonom. Beladen sind die Container zum Beispiel mit sterilisiertem OP‑Besteck von der AEMP für die Geburts‑ oder die Zahnklinik. Ihre Start‑ und Zielpunkte erhalten die Gefährte über WLAN aus einem Leitstand.
Rund 1.600 Containerbewegungen in vorwiegend menschenleeren Gängen sind der Tagesschnitt der Lübecker Anlage. Über Fahrstühle gelangen die Fahrzeuge zu den Be‑ und Entladepunkten, die mitunter auch mal im fünften Stock liegen. Sobald sie in Bereiche vordringen, in denen sie Klinikpersonal begegnen könnten, lassen die Fahrzeuge – mit freundlich-bestimmter Frauenstimme vom Band – die Aufforderung erklingen: „Machen Sie den Weg frei!“
Ein effizientes System – das allerdings längst nicht alle Stationen erreicht. Außerdem: Viele schwere oder sperrige Transportgüter passen dann eben doch nur in einen Kofferaufbau. „An beiden Standorten des UKSH“, sagt Gerhard Plate daher, „sind Lkw nach wie vor unverzichtbar für unsere Logistik.“
Fotos & Video: Sebastian Vollmert